Pressemitteilung
11.10.2011

Während die öffentliche Debatte von wenigen, aber zum Teil dramatischen Beispielen individueller Desintegration und der vorgeblichen Entstehung ethnischer Ghettos in den Großstädten geprägt ist, befindet sich die zweite Generation der Kinder der „Gastarbeiter“ auf einem steilen Weg nach oben. Türkische Einwandererfamilien erleben zum Beispiel einen historisch kaum gesehenen sozialen Aufstiegsprozess, weil die Schulabschlüsse der Kinder das Bildungsniveau der Eltern um ein Vielfaches übersteigen. Auch im Arbeitsleben ebenso wie in fast allen anderen Bereichen der Gesellschaft ist der Erfolg junger Deutscher türkischer Herkunft kaum noch übersehbar. Ein neues Forschungsprojekt am Institut für Migration und Interkulturelle Studien (IMIS) der Universität Osnabrück will nun den Blick auf die erfolgreichen Einwandererkinder türkischer Herkunft lenken. Die Stiftung Mercator fördert dieses Projekt mit 365.000 Euro.

Instituts- und Projektleiter Prof. Dr. Andreas Pott: „Diese schnell wachsende Gruppe ist auch in der Migrationsforschung lange vernachlässigt worden. Wir wissen einiges über hochqualifizierte Einwanderer, aber nur sehr wenig darüber, was die Kinder von „Gastarbeitern“ und Flüchtlingen zum Erfolg führt – besonders angesichts der Tatsache, dass das deutsche Bildungssystem eher dazu tendiert, den sozialen Status der Eltern zu reproduzieren.“

Gleichzeitig zeigen aktuelle Studien, dass die Bedingungen für diesen Aufstieg von Stadt zu Stadt unterschiedlich sind, und wiederum Deutschland als Ganzes deutlich schlechtere Entwicklungs- und Teilhabemöglichkeiten bietet als die meisten seiner westeuropäischen Nachbarn. Deshalb hat das Projekt sowohl eine lokal als auch eine international vergleichende Dimension. Projektforscher Dr. Jens Schneider stellte bei einer von ihm geleiteten europäischen Vergleichsstudie an der Universität Amsterdam fest, dass in Deutschland nur fünf Prozent der Kinder türkischer Eltern mit geringer Schulbildung einen Hochschulabschluss erreicht hatten – in Frankreich und Schweden waren es über dreißig Prozent.

Das ist einer der Gründe, warum die Essener Stiftung Mercator die neue
Osnabrücker Studie über drei Jahre fördert. Geschäftsführer Prof. Dr. Bernhard
Lorentz weiß aus der langjährigen Fördererfahrung der Stiftung, wie unterschiedlich die jeweiligen lokalen Kontexte den Erfolg von Förderprojekten für Migrantenjugendliche beeinflussen können. „Für uns ist es von zentraler Bedeutung, mehr darüber zu erfahren, was den Bildungserfolg von Kindern und Jugendlichen mit schwierigen Startbedingungen und den Verlauf ihrer späteren beruflichen Karrieren positiv beeinflusst. Das von uns geförderte Forschungsprojekt wird Erkenntnisse liefern, die auch für die Gestaltung des Bildungssystems in Deutschland von Bedeutung sein werden.“

Die offizielle Selbstdarstellung des Projekts

„Pathways to Success. Erfolgreiche Einwandererkinder und ihre Aufstiegskarrieren im urbanen und internationalen Vergleich“ an der Universität Osnabrück untersucht am Beispiel der erfolgreichen Kinder türkischer Einwanderer die im Entstehen begriffene „neue Elite mit Migrationshintergrund“. Im großstädtischen Vergleich der Metropolregion Ruhr zu den Stadtregionen Frankfurt/M. und Berlin werden Aufstiegskarrieren von jetzt 21-38jährigen untersucht. Ziel des Projekts ist es, die zentralen Einflussfaktoren für Bildungs- und Karriereerfolg zu identifizieren und bei den staatlichen Verantwortlichen für entsprechend angepasste Integrationspolitiken und Fördermaßnahmen zu werben. Dieses lokale Vorhaben ist in einen europäischen Forschungsverbund eingebettet, der dieselben Fragestellungen in verschiedenen Städten in vier weiteren europäischen Ländern (Niederlande, Frankreich, Schweiz und Schweden) verfolgt.

Das Projekt hat am 1. Oktober 2011 begonnen, die Ergebnisse werden im Frühjahr 2014 der breiteren Öffentlichkeit vorgestellt werden.

Weitere Informationen:www.stiftung-mercator.de

Pressekontakt

Lothar Kuhn
Leiter Bereich Kommunikation
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