Pressemitteilung
16.08.2012

Essen, 16.08.2012. Welche Richtlinien für ein ethisches Wirtschaftssystem können im Islam gezogen werden? Wie verhält es sich mit der Geschlechtergerechtigkeit im islamischen Religionsunterricht? Und welchen Beitrag zum islamischen Recht leistet eine neue Interpretation des Mystikers Ibn Arabi? Diesen und weiteren Fragen widmen sich ab Herbst sechs neue Doktoranden am standortübergreifenden Graduiertenkolleg Islamische Theologie, das an den Universitäten Münster, Erlangen-Nürnberg, Frankfurt am Main, Hamburg, Osnabrück, Paderborn und Tübingen eingerichtet ist. Das Kolleg vereint damit die wissenschaftliche Expertise im Bereich der der Islamischen Theologie in Deutschland und bildet den akademischen Nachwuchs u.a. für die Zentren für Islamische Studien aus.
Die Doktoranden widmen sich an den jeweiligen Standorten über einen Zeitraum von in der Regel drei Jahren ihren Forschungsarbeiten, unterstützt durch ihre Betreuer. Neben Einblicken in den Wissenschaftsbetrieb vermittelt das standortübergreifende Graduiertenkolleg in seinem Studienprogramm den Doktoranden vor allem vertiefte Kenntnisse in den zentralen thematischen Schwerpunkten der Islamischen Theologie. An wechselnden Standorten wird zudem jährlich eine Sommerkonferenz stattfinden, zu der auch die Öffentlichkeit eingeladen ist. Die diesjährige Sommerkonferenz findet vom 24.-26. August unter dem Titel „Theologie der Barmherzigkeit – zeitgemäße Fragen und Antworten des Kalam“ in Münster statt. Seit Oktober 2011 promovieren bereits sieben Doktoranden im Graduiertenkolleg. Zwei weitere Stellen werden Mitte Oktober 2012 ausgeschrieben.

Folgende Doktoranden wurden in das Graduiertenkolleg aufgenommen:

  • Herr Abdelaali El Maghraoui (31) hat in Tübingen Islamwissenschaften und Wirtschaft studiert. In seiner Doktorarbeit an der Universität Tübingen setzt er sich mit den Aspekten des Islamic Banking und dem Potenzial islamkonformer Finanzprodukte in Deutschland. Betreut wird er dabei von Prof. Dr. Omar Hamdan.
  • Herr Zishan Ahmad Ghaffar (26) stammt aus Kiel und hat dort Philosophie, Islamwissenschaften und evangelische Theologie studiert. Sein Forschungsvorhaben an der Universität Münster widmet sich der Leben-Muhammad-Forschung und diskutiert Kriterien zur Beurteilung islamischer Quellen über den Propheten Muhammad. Damit möchte er einen Beitrag zum besseren Verständnis der Frühgeschichte des Islams leisten. Betreut wird die Arbeit von Prof. Dr. Mouhanad Khorchide in Münster und Prof. Dr. Klaus von Stosch in Paderborn.
  • Herr Ali Ghandour (28) hat Arabistik und Politikwissenschaften in Leipzig studiert. In seiner Dissertation rekonstruiert er die Rechtsmethodik des berühmten mittelalterlichen Mystikers Ibn Arabi unter Berücksichtigung der Verbindung zwischen Mystik und rechtlicher Methodenlehre. Sein Projekt wird an der Universität Münster von Prof. Dr. Mouhanad Khorchide betreut.
  • Frau Melahat Kisi (31) aus Osnabrück hat in Köln Pädagogik, Islamwissenschaften und Ethnologie studiert und interreligiöse Fortbildungen im Projekt „Dialog leben“ durchgeführt. Unter der Betreuung von Prof. Dr. Bülent Ucar wird sie an der Universität Osnabrück zur Geschlechtergerechtigkeit im islamischen Religionsunterricht forschen.
  • Herr Adris Nassery (26), geboren in Kabul, studierte Rechtswissenschaft in Bielefeld und Islamisches Recht an der School of Oriental and African Studies (SOAS) in London und war zudem als Lehrbeauftragter tätig. In seiner Promotion geht er der Frage nach einer rational begründbaren islamischen Wirtschaftsethik nach. Er wird dabei an der Universität Paderborn von Prof. Dr. Klaus von Stosch betreut.
  • Herr Zeki Tuncel (24), geboren in Trabzon (Türkei), hat Islamische, Christliche und Jüdische Religionswissenschaften und Pädagogik in Frankfurt studiert. Der ausgebildete Imam beschäftigt sich in seiner Dissertation mit Methoden der Überlieferungen der Aussprüche und Handlungen Muhammads (Hadithe). Betreut wird seine Arbeit an der Universität Frankfurt von Prof. Dr. Ömer Özsoy.

„Die hohe Zahl von etwa 50 Bewerbern hat uns erneut gezeigt, wie groß das Potenzial an Nachwuchswissenschaftlern in der Islamischen Theologie in Deutschland ist. Mit den sechs ausgewählten Kollegiaten fördern wir akademische Nachwuchskräfte, die zu zentralen und aktuellen Fragestellungen muslimischen Lebens in Deutschland arbeiten“, so Prof. Dr. Bernhard Lorentz, Geschäftsführer der Stiftung Mercator. Die Stiftung Mercator stellt für das Graduiertenkolleg Islamische Theologie, das von der Universität Münster koordiniert wird, über die Laufzeit von sechs Jahren rund 3,6 Millionen Euro zur Verfügung und fördert damit 15 Doktorandenstellen.

„Die Vielfalt der nun im Kolleg bearbeiteten 13 Themen verweist auf die Breite dessen, was unter Islamischer Theologie verstanden werden kann, und auf einen bislang vernachlässigten Aspekt, wenn vom Islam die Rede ist: die eigene plurale Tradition. Denn noch immer stellen diese Themen nicht etwa eine Gesamtheit dar, sondern lediglich einen Ausschnitt aus dem reichen Repertoire des Islams – aber einen mit für den gesellschaftlichen Diskurs in Deutschland und darüber hinaus höchst relevanten Fragen“, so Prof. Dr. Harry Harun Behr, Sprecher des Graduiertenkollegs.

Weitere Informationen:
www.gk-islamische-theologie.deklasen@stiftung-mercator.de

Pressekontakt

Lothar Kuhn
Leiter Bereich Kommunikation
+49 201 24522-36
@