Pressemitteilung
07.07.2010

Berlin, 7. Juni 2010. Der Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration (SVR) bestätigt die insgesamt verhalten positiven Einschätzungen, drängt jedoch auf eine Bildungs- und Qualifizierungsoffensive, um Integration zu fördern und sozialen Spannungen vorzubeugen.

Der Lagebericht überzeugt mit einer ungeschminkten Bestandsaufnahme der Integration von Zuwanderern in Deutschland und liest sich in mancher Hinsicht wie eine Erfolgsgeschichte. So stieg im Vergleich zu den Vorjahren der Anteil der Jugendlichen mit Migrationshintergrund, die die Schule mit einem Realschulabschluss oder gar einem (Fach-) Abitur beenden. Auch die Einmündung in den Beruf nach abgeschlossener Berufsausbildung wird immer erfolgreicher. An deutschen Universitäten studieren mehr Ausländer und die Bundesregierung hat ein Gesetz zur Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse auf den Weg gebracht.

Der Bericht beleuchtet aber auch Dunkelzonen der Integration: Es gibt weiterhin große Unterschiede in den Schulabschlüssen. Während 43% der ausländischen Schüler die Schule mit einem Hauptschulabschluss verlassen, sind dies bei den deutschen Schülern nur 31%. Die Unterschiede können nicht ausschließlich den Schülern und ihrer sozialen Herkunft angelastet werden. Zum Hintergrund gehören auch strukturelle Probleme des deutschen Bildungssystems mit seiner Vererbung der sozialen Startnachteile in sozial schwachen Familien mit, aber auch ohne Migrationshintergrund.

„Die kritischen Bestandsaufnahmen bestätigen in vieler Hinsicht die Einschätzungen im Jahresgutachten 2010 des Sachverständigenrats“, erklärte dessen Vorsitzender Prof. Dr. Klaus J. Bade in einer ersten Stellungnahme. In der Zuwandererbevölkerung gebe es insgesamt deutliche Bildungsfortschritte, aber auch dramatische Unterschiede: „An der Spitze der Sozialpyramide bildet sich eine neue Elite heraus, im sozialen Mittelfeld gibt es gute Fortschritte, an der breiten Basis aber geht es schleppend, bereichsweise auch kaum voran.“ Das Bild werde hier noch immer bestimmt durch eine hohe Zahl von „schon am Start gescheiterten Bildungsund Ausbildungskarrieren“, ablesbar an der hohen Zahl von Schulabgängern ohne Abschluss.

„Hier werden Jugendliche sehenden Auges in die Transferabhängigkeit entlassen“, warnte Bade. Dies bedeute nicht nur eine individuell düstere Zukunftsperspektive, sondern angesichts des wachsenden demographischen Drucks auch eine Zusatzbelastung der Sozialsysteme und eine Minderung des qualifizierten Nachwuchses für den Arbeitsmarkt. Von höchster Dringlichkeit sei deshalb eine Bildungs- und Qualifizierungsoffensive, sonst würden die Ziele des Nationalen Integrationsplans (NIP) verfehlt. Zwingend erforderlich seien zudem stärkere Signale für die Anwerbung von ausländischen Fachkräften. Obwohl sich einige Regelungen verbessert hätten, kämen noch immer viel zu wenig qualifizierte Zuwanderer nach Deutschland.
Der SVR hatte in seinem Jahresgutachten konkrete Vorschläge für pro-aktive Zuwanderungssteuerung entwickelt. Weitere dringliche Baustellen liegen in einer verbesserten Integration von Flüchtlingen, der interkulturellen Öffnung an der Spitze der Gesellschaft (z.B. Medien, Parteien) und der Notwendigkeit, verbindliche Nachqualifizierungsangebote im geplanten Anerkennungsgesetz festzuschreiben.

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Über den Sachverständigenrat
Der Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration geht auf eine Initiative der Stiftung Mercator und der VolkswagenStiftung zurück. Ihr gehören acht Stiftungen an. Neben der Stiftung Mercator und der VolkswagenStiftung sind dies: Bertelsmann Stiftung, Freudenberg Stiftung, Gemeinnützige Hertie-Stiftung, Körber-Stiftung, Vodafone Stiftung und ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius. Der Sachverständigenrat ist ein unabhängiges und gemeinnütziges Beobachtungs-, Bewertungs- und Beratungsgremium, das zu integrations- und migrationspolitischen Themen Stellung bezieht und handlungsorientierte Politikberatung anbietet. Die Ergebnisse seiner Arbeit werden in einem Jahresbericht veröffentlicht. Dem SVR gehören neun Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus verschiedenen Disziplinen und Forschungsrichtungen an: Prof. Dr. Klaus J. Bade (Vorsitzender), Prof. Dr. Ursula Neumann (Stellv. Vorsitzende) sowie Prof. Dr. Michael Bommes, Prof. Dr. Heinz Faßmann, Prof. Dr. Yasemin Karakasoğlu, Prof. Dr. Christine Langenfeld, Prof. Dr. Werner Schiffauer, Prof. Dr. Thomas Straubhaar und Prof. Dr. Steven Vertovec.

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