Kleidung zu einem Sparpreis kaufen – da sagen viele nicht nein. Aber ein Blick hinter die Kulissen der asiatischen Textilindustrie lässt den Shoppingbummel in einem anderen Licht erscheinen. Die Bedingungen, unter denen dort gearbeitet wird, sind immer noch verheerend. Nationale Arbeits- und Umweltgesetze werden von den Produktionsbetrieben unterlaufen oder fehlende Rechtsnormen ausgenutzt. Das hat dazu geführt, dass die private Selbstregulierung durch internationale Unternehmen zugenommen hat. Politik- und Rechtswissenschaftler von der Universität Duisburg-Essen und der Ruhr-Universität Bochum untersuchen, wie staatliche und private Normen zusammenspielen, um Arbeits-, Sozial- und Umweltstandards durchzusetzen. Das Mercator Research Center Ruhr (MERCUR) fördert das Projekt mit rund 224.000 Euro. Insgesamt wurden in der aktuellen Ausschreibungsrunde sechs Projekte mit einem Gesamtvolumen von rund 1,34 Millionen Euro bewilligt.
In den letzten Jahren sind durch Katastrophen und Skandale immer wieder die unhaltbaren Lebens- und Arbeitsbedingungen insbesondere in der asiatischen Textil- und Bekleidungswirtschaft in die Kritik geraten. Dies führte zu verstärkten Forderungen nach effektiveren Arbeits-, Sozial- und Umweltstandards. Gleichzeitig stellten diese Ereignisse die Wirksamkeit bestehender nationaler und internationaler Regulierungen in Frage. Das Projekt „Politische Autorität und transnationale Governance-Arrangements“ will im Rahmen einer Pilotstudie erfassen, wie globale Produktionsprozesse insbesondere in Bangladesch und Kambodscha reguliert sind, welche rechtlichen Lücken es gibt und wie sich diese schließen lassen.
„Global agierende Unternehmen der Textil- und Bekleidungsindustrie haben Verhaltenskodizes entwickelt, die sie im Rahmen ihrer Geschäftstätigkeit einhalten möchten. Sie engagieren sich zudem zunehmend in Corporate-Social-Responsibility- – Initiativen, in denen festgelegt ist, wie sie ihrer sozialen und ökologischen Verantwortung gerecht werden“, erklärt Dr. Cornelia Ulbert, Wissenschaftliche Geschäftsführerin des Instituts für Entwicklung und Frieden an der Universität Duisburg-Essen. Aber wie kann überwacht werden, dass nicht nur die international agierenden Konzerne, sondern auch das weltweite Netzwerk ihrer Subunternehmer die geforderten Standards und nationalen Gesetze umsetzen?
Private Regulierungen ersetzen dabei nicht völlig die nationalstaatlichen Gesetze, sondern es ergeben sich sehr viele unterschiedliche Formen von privater, privat-öffentlicher und öffentlicher Regulierung, sogenannter Governance-Arrangements, die in unterschiedlichem Maß miteinander interagieren. Problematisch ist, dass die steigende Anzahl von privaten Initiativen eher zu Intransparenz führt. Ob diese Normen überhaupt befolgt werden, lässt sich nur schwer überprüfen. Zudem liegt die Umsetzung in verbindliche Gesetze wieder in der Hand der Staaten, deren Untätigkeit die Selbstregulierungsinitiativen ins Leben gerufen haben. Hier setzt die Studie der Wissenschaftler von den Universitäten Duisburg-Essen und Bochum an, die systematisch den Beitrag unterschiedlicher Regulierungsformen bei der Durchsetzung von Standards erforschen soll. Ziel ist es, daraus konkrete Handlungsempfehlungen für die Politik abzuleiten, um eine Globalisierung der sozialen Rechte weiter voran zu treiben – damit Shoppen künftig mit gutem Gewissen möglich ist.
Weitere Informationen zu den bewilligten Projekten:
www.mercur-research.de
Mercator Research Center Ruhr
Das Mercator Research Center Ruhr (MERCUR) fördert die Kooperation zwischen der Ruhr-Universität Bochum, der Technischen Universität Dortmund und der Universität Duisburg-Essen, die seit 2007 in der Universitätsallianz Ruhr (UA Ruhr) zusammenarbeiten. Das Center wurde Anfang März 2010 von der Stiftung Mercator gemeinsam mit der UA Ruhr gegründet. Mit seinen Programmlinien unterstützt MERCUR Wissenschaftler/innen, Institute und Fakultäten der drei Hochschulen dabei, sich universitätsübergreifend insbesondere in der Forschung, aber auch in der Lehre zu vernetzen. Dahinter steht die Überzeugung, dass die Wissenschaftsregion Ruhr durch eine Bündelung ihrer Kräfte im nationalen und internationalen Wettbewerb um die besten Ideen und Köpfe wesentlich an Schlagkraft gewinnen kann.
Bei Fragen sprechen Sie uns gerne an:
Isabell Hilpert
Kommunikationsmanagerin
Mercator Research Center Ruhr
Tel.: +49 (0) 201 616 965 11
E-Mail: isabell.hilpert@mercur-research.de