Pressemitteilung
Berlin, 05.02.2018

Gut gemachte Klimapolitik kann stärker zu einer stabilen, wachsenden Wirtschaft beitragen als bisher angenommen. Denn durch CO2-Preise sinken nicht nur die Treibhausgas-Emissionen. Weil zugleich die Rendite von fossilen Energieträgern sinkt, steigen umgekehrt die Investitionen in Anlagen und Maschinen, Infrastrukturen sowie Forschung und Entwicklung in anderen Wirtschaftszweigen. So werden nicht nur Klimaschäden vermieden – es kann auch der Wohlstand langfristig verbessert werden. Das haben Wissenschaftler des Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change (MCC) herausgefunden.
Die entsprechende Studie „Capital beats coal: how collecting the climate rent increases aggregate investment” haben sie im angesehenen Fachmagazin Journal of Environmental Economics and Management veröffentlicht. Mit einem mathematischen Beweis widerlegen die Ökonomen Jan Siegmeier, Linus Mattauch und Ottmar Edenhofer die häufige Darstellung, dass entschlossene Umweltpolitik zur „De-Industrialisierung“ führe. Sie beweisen damit eine Vermutung des Ökonomen Martin Feldstein, nach der die Besteuerung von Ressourcenrenten die Kapitalakkumulation erhöht. Dafür haben die Wissenschaftler ein etabliertes Modell der ökonomischen Theorie des Wirtschaftswachstums auf die aktuelle Klimapolitik angewendet.
„Als Gesellschaft wären wir gut beraten, Klimaschutz und Wirtschaftswachstum nicht gegeneinander auszuspielen“, sagt Siegmeier. „Tatsächlich reduzieren CO2-Preise zwar die Erträge, die sich mit fossilen Rohstoffen erwirtschaften lassen. Dadurch verlagern sich aber die Investitionen auf Maschinen und neue Technologien in anderen Branchen, die dadurch produktiver werden.“ Dies gilt für alle Bereiche der Volkswirtschaft, nicht nur für erneuerbare Energien und verbesserte Ressourceneffizienz. Ein positiver volkswirtschaftlicher Gesamteffekt ergibt sich, weil sich einerseits das bestehende physische Angebot an fossilen Ressourcen nicht reduziert, wenn Anleger diese meiden. Andererseits verhindern verlässliche CO2-Preise aber, dass weiterhin Kapital in sogenannten „Stranded Assets“ gebunden wird – also in Investitionen, die sich aufgrund der Klimapolitik langfristig nicht mehr rechnen.
Die neuen Erkenntnisse treiben die Debatte über die CO2-Bepreisung voran und weiten sie von Klimaschutz-, Effizienz- und Verteilungsfragen auf die Auswirkungen auf Vermögenswerte und Finanzmärkte aus. Bislang lag in diesem Kontext der Fokus oft auf negativen Effekten für fossile Vermögen. Nun werden auch positive Aspekte von CO2-Preisen wie etwa die relative Aufwertung anderer Anlagemöglichkeiten stärker in den Blick genommen.
„Wir sollten Emissionshandelssysteme, wie etwa in Europa das EU ETS, so reformieren, dass die Einnahmen dazu benutzt werden, die Bürger zu entlasten, oder für staatliche Investitionen“, sagt MCC-Direktor Edenhofer, der auch Chefökonom am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) ist. „Wir können zeigen, dass dann allein schon durch die Auktionierung mehr Wirtschaftswachstum geschaffen wird.“
Über das MCC
Das MCC erforscht nachhaltiges Wirtschaften sowie die Nutzung von Gemeinschaftsgütern wie globalen Umweltsystemen und sozialen Infrastrukturen vor dem Hintergrund des Klimawandels. Sieben Arbeitsgruppen forschen zu den Themen Wirtschaftswachstum und -entwicklung, Ressourcen und Internationaler Handel, Städte und Infrastrukturen, Governance sowie wissenschaftliche Politikberatung. Das MCC ist eine gemeinsame Gründung der Stiftung Mercator und des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK).
Weitere Informationen:
Siegmeier, J., L. Mattauch and O. Edenhofer (2018). Capital beats coal: how collecting the climate rent increases aggregate investment. Journal of Environmental Economics and Management
DOI: 10.1016/j.jeem.2017.12.006.
https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0095069617308707
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