Pressemitteilung
Cottbus, 19.10.2017

Die Lausitz soll von 2019 an jährlich 100 Millionen Euro aus dem Bundeshaushalt zusätzlich zu bestehenden Mitteln zur Strukturentwicklung erhalten. Mit einem „Strukturwandelfonds Lausitz“ sollen regionale Wirtschaft, Wissenschaft, Infrastruktur und Zivilgesellschaft auf die Herausforderungen vorbereitet werden, die mit dem schrittweisen Abschied von der Braunkohle einhergehen. So schlägt es das heute in Cottbus vorgestellte Papier „Eine Zukunft für die Lausitz“ vor. Es wurde von Agora Energiewende als Ergebnis intensiver Gespräche mit Vertretern von Wirtschaft, Wissenschaft, Politik und Zivilgesellschaft in der Lausitz erarbeitet. Jeder der vier Bereiche soll 25 Millionen Euro im Jahr bekommen. Die Entscheidungen über die konkrete Verwendung der Gelder sollen regionale Vertreterinnen und Vertretern aus den jeweiligen Bereichen treffen.
„Im Kern geht es um die Strukturentwicklung in der Lausitz für das 21. Jahrhundert. Dazu gehören eine innovative Wirtschaft, eine Zukunft als Wissenschaftsstandort, eine zeitgemäße Infrastruktur und ein kulturelles Leben in der Lausitz, das Menschen zum Bleiben und auch zum Wiederkommen einlädt. Das funktioniert am besten, wenn die Region ihre Zukunft selbst gestaltet und Entscheidungen nicht anderswo getroffen werden“, sagt Dr. Patrick Graichen, der Direktor von Agora Energiewende.
Der Lausitzfonds soll in vier Säulen untergliedert werden, jeweils eine für die Wirtschaft, die Wissenschaft, die regionale Infrastruktur und die Zivilgesellschaft. Die in jeder Säule verfügbaren 25 Millionen Euro jährlich sind ausdrücklich ergänzend zu bereits bestehenden Strukturentwicklungs- und Wirtschaftsförderprogrammen von Land, Bund und der Europäischen Union gedacht. „Die Energiewende fordert die Lausitz wegen des mit ihr langfristig verbundenen Ausstiegs aus der klimaschädlichen Braunkohle stärker als andere Regionen. Es ist eine Frage der gesellschaftlichen Gerechtigkeit, sie beim anstehenden Umbau auch mit Bundesmitteln zu unterstützen“, sagt Graichen.
Das Papier „Eine Zukunft für die Lausitz“ benennt neben dem Vorschlag für die Organisation des Strukturwandelfonds auch mögliche Projekte, die aus dem Lausitzfonds finanziert werden könnten. So beispielsweise in der Wirtschaftssäule das „1-Gigawatt-für-1-Gigawatt“-Programm, wonach je Gigawatt abgeschalteter Braunkohlekraftwerksleistung ein Gigawatt Erneuerbare-Energien-Anlagen oder Stromspeicher installiert werden. Im Bereich Wissenschaft wird unter anderem die Gründung eines Fraunhofer Instituts für die Dekarbonisierung der Industrie vorgeschlagen, da hier ein großes Feld für die künftige angewandte Forschung existiert. Die kommunale und regionale Infrastruktur könnte unter anderem durch den Ausbau der Bahnstrecken Berlin-Cottbus und Görlitz-Dresden sowie die Installation eines Highspeed-Internets auf einen zeitgemäßen Stand gebracht werden.
Die Mittel für die Zivilgesellschaft schließlich sollen in eine zu gründende „Zukunftsstiftung Lausitz“ fließen, die ein breites Spektrum von Aktivitäten in der Region fördert: Traditions- und Brauchtumspflege zählen dazu ebenso wie die Ausrichtung von Festivals, die Förderung der Kunst und die Unterstützung von Initiativen aus den von Umsiedlung bedrohten Dörfern, aber auch Starthilfen für innovative Kleinunternehmen. „Immer noch verlassen mehr junge Menschen die Lausitz als hinzukommen, so dass immer mehr Betriebe Schwierigkeiten bekommen, qualifizierte Zukunftsarbeitsplätze zu besetzen“, sagt Agora-Direktor Graichen. „Noch mehr als Gewerbegebiete sind es aber Menschen, die eine Region entwickeln. Sie müssen vor Ort ein attraktives gesellschaftliches Leben und kulturell interessantes Angebot vorfinden. Dazu soll die Zukunftsstiftung Lausitz auch langfristig einen wichtigen Beitrag leisten.“
Das Papier „Eine Zukunft für die Lausitz“ wurde heute im Stadthaus von Cottbus vorgestellt und von Vertretern kommentiert, die den vier vorgeschlagenen Säulen des Lausitzfonds zugeordnet werden können: Christine Herntier (Bürgermeisterin von Spremberg), Dr. Wolfgang Krüger (Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer Cottbus), Prof. Dr.-Ing. Jörg Steinbach (Präsident der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus -Senftenberg), sowie Pfarrer Burkhard Behr (Leiter des neuen Zentrums für Dialog und Wandel der evangelischen Kirche).
Agora Energiewende ist ein politisch und wirtschaftlich unabhängiges Denk- und Politiklabor in Berlin. Es ist stiftungsfinanziert und hat sich dem Erfolg der Energiewende gemäß der von der Bundesregierung gesetzten Klima- und Energieziele verschrieben. Hierzu zählt, neben einer Reduktion der Treibhausgasemissionen und einer bezahlbaren Umstellung des Energiesystems auf Erneuerbare Energien, auch die gesellschaftliche Umsetzbarkeit der Energiewende. „Die Energiewende muss nicht nur ökonomisch und ökologisch, sondern auch sozial gelingen – gerade auch für die Bürgerinnen und Bürger der Lausitz. Dafür braucht es Perspektiven jenseits der Braunkohle“, sagt Graichen. Deshalb hat sich Agora Energiewende mit dem Papier „Eine Zukunft für die Lausitz“ in der Region engagiert.
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