Pressemitteilung
Berlin, 28.04.2015

Die Erzeugung von Strom aus Wind und Sonne lässt die Preise an der Strombörse immer stärker schwanken. Gleichwohl können viele Stromverbraucher – etwa große Industrieunternehmen – niedrige Strompreise bislang kaum nutzen. Umgekehrt reduzieren sie bei hohen Strompreisen ihren Verbrauch nur wenig. Der Grund dafür liegt unter anderem in den starren Regeln des Strommarktes. Sie verhindern, dass die Preissignale der Börse unmittelbar bei den Verbrauchern ankommen. Wie diese Regeln geändert werden müssten, zeigt Agora Energiewende in einem „Aktionsplan Lastmanagement“ auf. Dieser wird auf den Berliner Energietagen vorgestellt.
„Die gezielte Steuerung des Stromverbrauchs, das sogenannte Lastmanagement, ist ein wesentlicher Baustein, um große Mengen Wind- und Solarenergie in das Stromsystem zu integrieren“, sagt Dr. Patrick Graichen, Direktor von Agora Energiewende. Denn es zählt im Vergleich zu Stromspeichern, dem Netzausbau und der Errichtung von hochflexiblen Kraftwerken zu den günstigen Maßnahmen. Allerdings gibt es derzeit noch zu viele Hemmnisse dafür, dass Unternehmen das Lastmanagement auch nutzen können. „Diese Hemmnisse sollten rasch abgebaut werden“, sagt Graichen. „Dadurch wird die Energiewende für alle kostengünstiger. Überdies können Unternehmen, die Lastmanagement nutzen, ihre Stromkosten deutlich reduzieren. Dazu erhöhen sie ihren Stromverbrauch dann, wenn die Strompreise niedrig sind und drosseln ihn umgekehrt, wenn die Preise an der Strombörse hoch sind. Das senkt ihre durchschnittlichen Beschaffungspreise.“
Um die Flexibilität der Unternehmen bei der Stromnachfrage und damit die Flexibilität des Stromsystems insgesamt zu erhöhen, sieht der Aktionsplan Lastmanagement ein Bündel von Maßnahmen vor:

  • Industrielle Verbraucher sollen künftig nicht mehr mit zusätzlichen Netzgebühren bestraft werden, wenn sie bei sehr niedrigen oder sehr hohen Strompreisen ihre Nachfrage anpassen.
  • Stromhändler sollen die Stromnachfrage ihrer Kunden präziser abdecken. Gelingt ihnen das nicht, so sollen die Stromhändler unter anderem die Kosten der Regelenergie tragen, die nötig ist, um die sogenannten Bilanzkreisabweichungen auszugleichen. Solche Maßnahmen stärken das aktive Lastmanagement im Rahmen des immer wichtigeren innertägigen Stromhandels.
  • Flexible Stromverbraucher sollen einen besseren Zugang zum Markt für Regelleistung erhalten. Dazu sollen kalendertägliche Ausschreibungen im Regelleistungsmarkt sowie stündliche Regelleistungsprodukte geschaffen werden. Bislang erfolgen die Ausschreibungen für Regelenergie überwiegend auf wöchentlicher Basis und für jeweils mehrere Stunden. Dadurch werden flexible Stromverbraucher und Erneuerbare-Energien-Anlagen weitgehend davon ausgeschlossen, Regelenergie zu liefern.

Um die Wirksamkeit von Lastmanagement-Maßnahmen zu veranschaulichen, haben die Studienautoren des Beratungsunternehmens Connect Energy Economics sie im Rahmen eines vereinfachten Strommarktmodells getestet. Demnach kann ein konsequentes Lastmanagement die Höchstpreise an der Strombörse um bis zu 50 Prozent reduzieren und umgekehrt den durchschnittlichen Wert von Strom an aus Erneuerbaren Energien, der an der Börse vermarktet wird, verdoppeln. Das würde auch dazu beitragen, dass Wind- und Solaranlagen seltener gedrosselt werden müssen. „Insofern dient Lastmanagement auch dazu, Erneuerbare-Energien-Anlagen besser auszulasten. Dadurch vergrößert sich ihr Beitrag zum Klimaschutz“, sagt Graichen.
Schon in einer früheren Studie hatte Agora Energiewende gezeigt, dass Industrieunternehmen erhebliche Möglichkeiten haben, ihren Stromverbrauch zu steuern, etwa durch das gezielte An- und Abschalten von Maschinen zu bestimmten Zeiten. Deutlich wurde hierbei, dass davon sowohl die jeweiligen Unternehmen als auch die Volkswirtschaft profitieren können. Allerdings zeigte sich auch, dass die Hemmnisse zur Nutzung des Lastmanagements noch zu groß sind.
Der Aktionsplan Lastmanagement steht unter www.agora-energiewende.dezum Download bereit.
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