Die regulatorischen Rahmenbedingungen für Windenergie-Projekte unterscheiden sich von Land zu Land deutlich. Das kann die Gestehungskosten von Windstrom in der Europäischen Union stärker beeinflussen als Unterschiede im Winddargebot. Das sollte bei grenzüberschreitenden Erneuerbare-Energien-Auktionen künftig berücksichtigt werden.
Zu welchen Kosten sich in den Ländern Nordwesteuropas Strom aus Windkraft erzeugen lässt, ist vielfach eher eine Frage der regulatorischen Rahmenbedingungen als der Windverhältnisse. So entfällt in Belgien auf eine Megawattstunde Windstrom ein Betrag von 26 Euro für Planung, Genehmigung, Netzzugang, Steuern und Finanzierung wohingegen es in Deutschland nur 12 Euro sind und in Frankreich rund 20 Euro. Um diese Unterschiede auszugleichen, müsste ein Windpark in Belgien 20 Prozent mehr Strom erzeugen als sein Pendant in Deutschland. Bei grenzüberschreitenden Ausschreibungen für Erneuerbare Energien in Europa – etwa von Deutschland und Dänemark – spielen diese signifikanten Unterschiede jedoch bislang keine Rolle, Wettbewerbsverzerrungen sind die Folge. Das ist das Ergebnis einer Studie von Agora Energiewende, die sich damit auseinandergesetzt hat, welche Faktoren für den Erfolg grenzüberschreitender Erneuerbaren-Energien-Projekte maßgeblich sind.
„Die Energiewende ist mittlerweile ein gesamteuropäisches Projekt. Die Europäische Union drängt deshalb darauf, dass die EU-Mitgliedsstaaten beim Ausbau der Erneuerbaren Energien zukünftig stärker zusammenarbeiten, etwa durch grenzüberschreitende Auktionen“, sagt Matthias Buck, Leiter Europäische Energiepolitik bei Agora Energiewende. „Bisher berücksichtigen die EU-rechtlichen Rahmenbedingungen aber nicht, dass sich die regulatorischen Anforderungen an den Zubau von Erneuerbare-Energien-Anlagen von Land zu Land deutlich voneinander unterscheiden.“ Ein Beispiel dafür ist Ergebnis der grenzüberschreitenden deutsch-dänischen Solarenergie-Ausschreibung im Jahr 2016 als sämtliche Zuschläge an Bieter aus Dänemark entfielen – hauptsächlich, weil sich Wiesen und Äcker dort leichter und günstiger für Solarparks nutzen lassen als in Deutschland. Die Studie empfiehlt, dass künftige grenzüberschreitende Kooperationen im Bereich der Erneuerbaren-Energien die Auswirkungen unterschiedlicher Regulierungsbedingungen berücksichtigen und durch geeignete Maßnahmen einer Marktverzerrung entgegenwirken sollen. „Das wird umso wichtiger werden, je stärker der Ausbau Erneuerbarer Energien durch die Europäische Union selbst vorangetrieben wird. Ein Beispiel hierfür ist der jüngst beschlossene europäische Finanzierungsmechanismus, der über regionale oder sogar EU-weite Ausschreibungen das Erreichen des verbindlichen EU-Ziels für den Ausbau der Erneuerbaren Energien absichert“, sagt Buck.
Die Studie wurde von Ecofys im Auftrag von Agora Energiewende erstellt. Die Wissenschaftler haben darin detailliert die regulatorischen Kosten unter anderem für Planung und Genehmigung, Finanzierung, Netznutzung und -anschluss von durchschnittlichen Windprojekten in den Ländern des Pentalateralen Energieforums (Österreich, Belgien, Frankreich, Deutschland, Luxemburg, die Niederlande und die Schweiz) ausgewertet und miteinander verglichen. Aus Gründen der Datenverfügbarkeit legten sie die direkten Baukosten von Windkraftanlagen des Jahres 2015 und das unterschiedliche Winddargebot in den Ländern zugrunde. „Weil die Technologiekosten für neue Windkraftanlagen in den vergangenen drei Jahren stark gefallen sind, die regulatorischen Kosten jedoch tendenziell gleichgeblieben sind, fallen die regulatorischen Kosten nun sogar noch deutlich stärker ins Gewicht, als wir es in der Studie darstellen. Das Problem wird also immer drängender“, betont Buck.
Die Studie „Cross-Border Renewables Cooperation” ist in englischer Sprache erschienen. Sie hat einen Umfang von 60 Seiten und steht unter https://www.agora-energiewende.de zum kostenlosen Download zur Verfügung.
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