Pressemitteilung
Berlin, 14.01.2016

Dennoch sind die Fördermittel für zusätzliche Lehrerstellen vielerorts zu gering. Die Analyse der Lehrerzuweisung in den 16 Bundesländern „Ungleiches ungleich behandeln!“ durch den SVR-Forschungsbereich zeigt, dass Schulfinanzierung sich stärker am Bedarf einzelner Schulen orientieren muss, wie dieser Bedarf ermittelt werden kann und gibt drei Handlungsempfehlungen für eine gezielte Steuerung der Fördermittel.
Schüler mit Migrationshintergrund lernen häufiger in leistungsschwachen Schulklassen – insbesondere an Schulen in sozial benachteiligten Stadtteilen. Diese Startnachteile werden in der Schulfinanzierung allerdings nur unzureichend berücksichtigt. Die Folge: Schulen mit einem hohen Zuwandereranteil und Schulen in sozial schwieriger Lage erhalten trotz Mehrbedarf (z.B. für Sprachförderung) oft ebenso viele Zuschüsse für zusätzliche Lehrerstellen wie die ‚Durchschnittsschule‘ oder sogar weniger. Der Policy Brief des SVR-Forschungsbereichs analysiert, ob und wie die 16 Bundesländer ihre Schulen heute schon bedarfsorientiert ausstatten. Er untersucht, nach welchen Kriterien die Kultusbehörden zusätzliche Bedarfe ermitteln und welche Rolle Schüler- und Sozialraumdaten bei der Mittelvergabe spielen. Auf Basis dieser Analyse und von Erfahrungen anderer Einwanderungsländer mit unterschiedlichen Finanzierungsmechanismen werden Handlungs-empfehlungen für eine gezielte Ressourcensteuerung entwickelt. Der Policy Brief wurde von der Stiftung Mercator gefördert und ist die erste Veröffentlichung eines international vergleichenden Forschungsprojekts zu bedarfsorientierter Schulfinanzierung, das der SVR-Forschungsbereich in Zusammenarbeit mit dem Migration Policy Institute, Washington D.C. durchführt.
Um den individuellen Bedarf einer Schule verlässlich zu ermitteln, bedarf es aussagekräftiger Indikatoren wie etwa soziale Benachteiligung und Sprachförderbedarf. Die Analyse des SVR-Forschungsbereichs zeigt, dass nur ein Teil der Bundesländer landesweit einheitliche Indikatoren anwendet. Darüber hinaus fehlt es an aussagekräftigen auf die einzelne Schule bezogenen Daten. Dr. Cornelia Schu, Direktorin des SVR-Forschungsbereichs, mahnt an: „Derzeit verteilen nur neun Bundesländer ihre Mittel auf Basis klar definierter Indikatoren, wie unsere Analyse der Lehrerzuweisung in den Ländern ergeben hat. Das zeigt den Handlungsbedarf in diesem Bereich. Zumal sich die Länder bereits 2007 selbst dazu verpflichtet haben, die Standortnachteile einzelner Schulen gezielt durch zusätzliche Ressourcen auszugleichen.“
Zwar erfordern regional unterschiedliche Herausforderungen auch regional angepasste Lösungen, drei Handlungsempfehlungen sind jedoch in allen Ländern für eine gezielte Schulfinanzierung aussichtsreich: Erstens sollte in jedem Bundesland eine einheitliche Datenbasis geschaffen werden, um den Mehrbedarf einzelner Schulen transparent und vergleichend messen zu können. Dies können schulscharfe Daten oder amtliche Sozialraumdaten sein. Zweitens empfiehlt der SVR-Forschungsbereich, das Expertenurteil der örtlichen Schulbehörden ergänzend zu nutzen. So kann ein akuter Mehrbedarf zum richtigen Zeitpunkt erkannt und gedeckt werden. Drittens sollte regelmäßig überprüft werden, ob die zusätzliche Förderung bei den Schülern ankommt. Dazu sollten sich die Schulbehörden mit den Schulen auf konkrete Verwendungszwecke verständigen. Zudem sollten Finanzierungsmechanismen regelmäßig auf ihre Wirksamkeit überprüft werden. Dr. Schu betonte: „Eine bedarfsorientierte Schulfinanzierung erfordert eine einheitliche Datenbasis, eine gezielte Nutzung von Daten und Expertenurteilen sowie eine fortlaufende Qualitätssicherung.“
Für Dr. Susanne Farwick, Leiterin des Bereichs Integration der Stiftung Mercator, ist ausschlaggebend, dass über eine bedarfsorientierte Finanzierung auch mehr gezielte Fortbildungsangebote für Lehrer gemacht werden: „An Schulen in sozial schwieriger Lage sind nicht nur mehr Stellen notwendig, die Lehrkräfte müssen dabei auch fit gemacht werden für die Herausforderungen ihrer Schülerschaft." Die Stiftung Mercator engagiert sich hierfür etwa in ihrem Projekt „Potenziale entwickeln – Schulen stärken“, in dem Schulen auf der Grundlage umfassender Datenerhebungen bedarfsorientierte Fortbildungsangebote erhalten.
Der Policy Brief und eine Infografik können hier heruntergeladen werden.
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