Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat gestern entschieden, dass die über zweijährige Untersuchungshaft von Osman Kavala gegen die Europäische Menschenrechtskonvention verstößt.
Zur Begründung führt der Gerichtshof aus, dass Osman Kavala lediglich aufgrund eines Verdachts in Untersuchungshaft genommen worden sei, die vorgelegten Beweise jedoch nicht ausreichten, um diesen Anfangsverdacht zu rechtfertigen. Der Gerichtshof beurteilt die lange Untersuchungshaft deshalb als unverhältnismäßig und fordert die sofortige Freilassung von Osman Kavala.
Osman Kavala und 15 Mitangeklagten wird vorgeworfen, die sogenannten „Gezi-Proteste“ im Sommer 2013 organisiert zu haben. Ihr Ziel sei dabei der Sturz der türkischen Regierung und die Abschaffung der verfassungsrechtlichen Ordnung gewesen. Kavala wurde im November 2017 verhaftet und befindet sich seitdem in Untersuchungshaft. Der Prozess gegen ihn soll am 24. Dezember 2019 in Istanbul fortgeführt werden.
Für die Unterzeichnenden und für viele weitere deutsche und europäische Organisationen ist Osman Kavala ein wichtiger Partner. Als Gründer der Organisation Anadolu Kültür und Förderer einer Vielzahl von Kunst- und Kulturprojekten engagiert er sich seit vielen Jahren für ein besseres Verständnis zwischen der Türkei und Europa.
Den Unterzeichnenden steht als deutsche Kulturmittler und Stiftungen keine Beurteilung des juristischen Verfahrens in der Türkei zu. Mit dem Ziel die deutsch-türkischen Beziehungen zu stärken, setzen wir uns auf unterschiedliche Weise für einen intensiven Austausch mit der türkischen Gesellschaft ein. Es sind Brückenbauer wie Osman Kavala, die mit ihrem Engagement für interkulturellen Austausch die Grundlage für unsere Arbeit bereiten. Der Dialog mit Osman Kavala ist wertvoll für unsere Arbeit und fehlt uns.
Wir hoffen, dass das Urteil des EGMR die Klärung der Vorwürfe gegen Osman Kavala beschleunigt, damit er seinen unermüdlichen Einsatz für interkulturellen Austausch und Dialog fortsetzen kann.
Michael Schwarz (Stiftung Mercator, Geschäftsführer)
Johannes Ebert (Goethe-Institut e.V., Generalsekretär)
Dr. Michael Hanssler (Gerda Henkel Stiftung, Vorstandsvorsitzender)
Ellen Ueberschär (Heinrich-Böll-Stiftung, Vorstand)
Prof. Dr. Joachim Rogall (Robert Bosch Stiftung, Geschäftsführer)