Pressemitteilung
13.01.2011

Essen, 13. Januar 2011 – „Die Globalisierung ist unweigerlich ein Prozess der Angleichung unterschiedlicher Strukturen. Die auffällige Präsenz der englischen Sprache im internationalen Diskurs, die Verbreitung von Fast Food und amerikanischer Unterhaltungsindustrie sind nur ein paar Beispiele“, sagte der chinesische Philosoph Tu Weiming beim zweiten Neujahrsempfang der Stiftung Mercator. „Dennoch wird die These, dass sich der Rest der Welt dem Westen angleiche, allenfalls ein amerikanischer Traum bleiben.“

„Chinas Beziehung zum Westen“ war das Thema des zweiten Neujahrsempfangs der Stiftung Mercator. Und so sagte Tu weiter: Dennoch sei Asien auch stark vom Westen geprägt. Ein Beispiel sei die nicht hinterfragte Akzeptanz einer modernen westlichen Definition von Aufklärung. „Die chinesischen Intellektuellen glauben daran, dass der säkulare Humanismus, der mit der Französischen Revolution Einzug hielt, und der damit verbundene Positivismus, Materialismus, die Ethik und Wissenschaft der einzige Weg für den Fortschritt Chinas seien. Das Konzept der Aufklärung muss jedoch intellektuell und ethisch erweitert werden, da es sich bisher als zu europabezogen und zweckrational erwiesen hat, um zu einem wahren Verständnis von Umwelt, Religion und kultureller Vielfalt beizutragen“, so Tu.

Der Sinologe Michael Lackner von der Universität Erlangen-Nürnberg erwiderte: „Aus meiner Sicht wurde in China in der Tat die europäische Aufklärung immer nur als Mittel zum Zweck verstanden: Demokratie als Weg zu größerer politischer Effizienz, um den sozialen Körper zusammenzuhalten. Es handelt sich allerdings um ein – vom Westen selbst zum Teil verursachtes – Missverständnis, wenn die Aufklärung in China so seelenlos daherkommt.“ Michael Lackner hat für die Stiftung Mercator die Veranstaltungsreihe „Aufklärung im Dialog“ konzipiert, die im April 2011 in Peking starten wird.

„Die Stiftung Mercator möchte das Jahr 2011 nutzen, um eine Brücke zwischen Deutschland und China zu schlagen. Wir möchten die Kulturen miteinander ins Gespräch bringen, Vorurteile abbauen und uns für ein gegenseitiges Verständnis einsetzen“, so Bernhard Lorentz, Geschäftsführer der Stiftung Mercator. So schaffe die im Haus der Stiftung präsentierte China-Ausstellung interkulturelle Begegnungen über das Medium der Kunst. Ziel sei es, das ‚Andere‘ so zu lesen, dass es nicht mehr fremd bleiben muss.

Die Stiftung Mercator eröffnete an diesem Tag in ihren Räumen die Ausstellung „Das Ich im Anderen“ und präsentiert bis 30. Juni 2011 zeitgenössische chinesische Kunst. Gezeigt werden Arbeiten der jüngsten Generation chinesischer Künstler, die meist in den 1980er Jahren geboren und so von der Kulturrevolution und den Vorfällen am Tiananmen-Platz 1989 weitestgehend unbelastet sind. Diese Generation wuchs mit der Globalisierung und dem Internet auf, sie verfügt im Gegensatz zu chinesischen Künstlern vor ihr über kunstgeschichtliche und gesellschaftspolitische Informationen aus aller Welt und fusioniert so das Ich im Anderen zu einer eigenen neuen Sprache, die ebenso universell wie chinesisch ist. Etliche der genannten Künstler studierten einerseits an chinesischen Akademien und andererseits in London, Berlin oder Massachusetts/USA. Der durch das chinesisch-deutsche Kuratorenduo Tian Yuan und Alexander Ochs entwickelten Ausstellung gingen Interviews zum Thema China mit Mitarbeitern der Stiftung Mercator voraus.

Die Ausstellung kann ab sofort bis zum 30. Juni 2011 werktags in der Zeit von 10 bis 17 Uhr in der Huyssenallee 46 in Essen kostenlos besucht werden. Es wird jedoch um Anmeldung unter Tel.: 0201-245-22-0 gebeten.

Weitere Informationen:
Zur Projektseitewww.aufklaerung-im-dialog.com

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Lothar Kuhn
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