Michael Meyer-Resende schreibt ein Buch über die Frage, wo die Grenze zwischen Demokratie und autoritärer Herrschaft verläuft. Er ist der Meinung, dass es dazu nur einen Schein-Konsens gibt. Begriffe, die die Politikwissenschaft und die öffentliche Debatte prägen (Populismus, Illiberalismus), markieren die Grenze nicht, sondern verwischen sie.
Die Begriffe drücken oft ideologische Orientierungen aus, die in der Demokratie verhandelbar sind. Dadurch dass sie verhandelbare Fragen dramatisieren, banalisieren sie gleichzeitig reale Grenzverletzungen. Das spielt extremistischen Kräften in die Hände. Sie behaupten, es gehe immer nur um Parteipolitik. Sie nutzen die Begriffsverwirrung geschickt, um die Debatte von der Demokratiefrage abzulenken.
Der chinesische Militärstratege und Philosoph Sun Tzu schrieb: „Wenn du dich und den Feind kennst, brauchst du den Ausgang von hundert Schlachten nicht zu fürchten.“ Die demokratische Mehrheit ist schwach, wenn sie nicht erkennt, was den autoritären Gegner ausmacht. Sie ist schwach, wenn sie die Grenzen der Demokratie zu eng zieht und damit demokratische Stimmen ausschließt. Sie ist auch schwach, wenn sie die Grenzen nicht ernst nimmt und autoritäre Positionen verharmlost.
Die demokratische Mehrheit ist stark, wenn sie eine klaren Vorstellung über die Grenzen der Demokratie hat. Die demokratische Gesellschaft ist reif, wenn sie innerhalb dieser Grenzen robust streitet und akzeptiert, dass mal die eine, und mal die andere politische Richtung gewinnt, ohne das System zu zerstören.
Michael Meyer-Resende wird eine Grenzziehung vorschlagen, die – pragmatisch – auf dem Völkerrecht basiert und damit eine Grundlage jenseits nationaler Besonderheiten bietet. Er will die Fähigkeit der demokratischen Mehrheit stärken, ihre Gegner zu erkennen und zu schwächen.
Das Fellowship gibt Michael Meyer-Resende die Möglichkeit einer produktiven Pause von seiner Tätigkeit bei der NGO Democracy Reporting International. Seine konkreten Erfahrungen in mehr als 50 Ländern ein, in denen er während der letzten 25 Jahre gearbeitet hat, fliessen in das Buch ein, ebenso wie seine zahlreichen Veröffentlichungen.
Michael Meyer-Resende ist Volljurist. Nach seinem Referendariat arbeitete er vier Jahre für das Menschenrechtsbüro der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) in Warschau. Er bereiste viele Staaten der ehemaligen Sowjetunion und des westlichen Balkans, um Rechtsstaatlichkeit und demokratische Wahlen zu unterstützen. Danach arbeitete er drei Jahre für die Europäische Kommission, wo er mit Regierungen in Asien und Afrika über die Entsendung von EU-Wahlbeobachtern verhandelte.
Nach diesen Erfahrungen wandte er sich dem Sozialunternehmertum zu und begründete die Nichtregierungsorganisation Democracy Reporting International (DRI gGmbH) mit. Sie unterstützt demokratische Umbrüche und Institutionen flexibel, pragmatisch und transparent. DRI setzt sich auch in der EU für Rechtsstaatlichkeit und die Regulierung und Beobachtung politischer Diskurse in sozialen Medien ein. DRI hat 80 MitarbeiterInnen. Die Zentrale befindet sich in Berlin, weitere Büros gibt es in der Ukraine, im Libanon, in Tunesien, in der DR Kongo und in Sri Lanka.
Meyer-Resende veröffentlicht regelmäßig in den Medien, wie der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, Die Zeit und Politico. Er arbeitete für die BBC und ist Kolumnist des EUobserver.